Norbert Hummelt

WeS: Das lyrische Du

Vom lyrischen Ich ist häufiger die Rede. Was aber ist mit der zweiten Person? Das Du in Gedichten Gottfried Benns ist immer eine Form der Selbstansprache; in Gedichten Else Lasker-Schülers steht das Du für eine reale, oft namentlich genannte Person. Schwerer einzuordnen ist das „you“ in Gedichten T.S. Eliots, das zwischen Leseransprache und imaginärem Begleiter changiert. Die Frage nach der zweiten Person soll den Gesprächen über die eigenen Gedichte der Studierenden ein Stichwort geben, sie ist nicht als inhaltliche oder formale Einschränkung zu verstehen. Wohl aber wollen wir uns in diesem Seminar auch die Frage nach den äußeren Kommunikationszusammenhängen von Gedichten stellen. Gibt es so etwas wie ein beim Schreiben einbedachtes Publikum – oder zumindest einen idealen Leser? Wie müßte dieser beschaffen sein? Oder geben wir am Ende doch Gottfried Benn recht, wenn er behauptet, ein Gedicht sei an niemanden gerichtet?

Lyrik