Norbert Hummelt

WeS: Wozu Dichter? (Essay)

Wozu Dichter in dürftiger Zeit? Hölderlin stellt die Frage in seiner Elegie „Brod und Wein“. Es wäre daraus zu schließen, daß dem Dichter eine auf seine Zeit bezogene, vielleicht aber auch über diese hinausweisende gesellschaftliche Aufgabe zukommt. Für Novalis waren „Dichter und Priester im Anfang eins“; andere sahen und sehen den Dichter in der Rolle des Sehers oder Schamanen. Im 20. Jahrhundert wurden Dichter dann zuweilen für den Klassenkampf rekrutiert oder boten sich selbst dazu an. Wieder andere plädierten für die Rolle des Chronisten oder kritischen Mahners, womit meist die Aufgabe des emphatischen Dichter-Begriffs zugunsten nüchternerer Etikettierungen wie Schriftsteller oder Autor einhergeht. Heute scheint sich die Frage angesichts der Marginalisierung der Literatur im medialen Kontext fast erübrigt zu haben; ein Grund, sie wieder einmal zu stellen. Denn selbst dort, wo nur noch rein persönliche Ziele mit dem Schreiben verfolgt werden, bleibt zu klären: warum eigentlich Literatur? – Unter diesem thematischen Fokus sollen in der ersten Phase des Semesters ältere und neuere Texte betrachtet werden, die sich mit der Rolle des Autors/Dichters/Schriftstellers befassen. Sobald als möglich sollen jedoch die poetologischen Essays der Seminarteilnehmer im Mittelpunkt stehen, die in der Auseinandersetzung mit den zuvor diskutierten Texten eigene Positionen beziehen und reflektieren sollen. Eine Themenliste wird rechtzeitig ausgehängt. Das Seminar ist auf 12 Teilnehmer begrenzt, die sich zur Übernahme eines Themas und zu regelmäßiger Teilnahme verpflichten. Es ist zunächst den Studenten der Hauptstufe vorbehalten, wobei Ausnahmen nach persönlicher Absprache möglich sind.

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