Unterlassungen. Leerstellen als Orte der Spannungsinduktion.
Das Seminar widmet sich der Frage des Spannungsaufbaus in erzählerischen Texten. Es wird um eine Spannung gehen, die nicht auf der klassischen dramaturgischen Storyline beruht, sondern entsteht durch grundsätzliches Unterschlagen der wichtigsten Information, die sich aus dem Schweigen ergibt, aus der Auslassung, den Leerstellen. In einer Zeit, die ständig und aus allem Bedeutung generiert, die alles in den Griff von Festlegungen, klaren Einteilungen und Sichtbarkeiten kriegen will, kann das Nicht-Gesagte, die bewußte Verweigerung der Aussage als große Verlockung gelten. Möglicherweise zeigt sich hierin auch eine Form der Selbstbehauptung der Literatur anderen Medien gegenüber.
Untersucht werden soll, wie Spannung entsteht aufgrund von Leerstellen, die ein fortwährendes Weiterverweisen und Verändern von Bedeutung provozieren. Das schließt den Umgang mit u.a. Ebenen- und Perspektivwechseln, der Parallelität verschiedener Handlungsstränge und der Variierbarkeit von Motivketten ein. Es wird auszuloten sein, wie weit ein Text durch seine Lücken dehnbar ist.
Unter diesem Blickwinkel sollten je nach Wunsch sowohl fertige als auch in Arbeit befindliche Texte diskutiert oder neue entworfen werden.