S: Anatomie des Selbstmords in ostasiatischen und Literatur
„Jeder Mensch ist ein Abgrund“, sagte Büchner in seinem „Woyzeck“. „Man hat es satt, die Wäsche zu wechseln“, flüsterte Brecht in seinem „Epistel über den Selbstmord“. Es ist eine klassische Kontroverse in der Literatur, Philosophie, Theologie, Soziologie, Medizin und in der Justiz, ob der Selbstmord eine Todsünde, ein heiliges Nein, eine Rechtfertigung, ein Unglück der Kapitulation, eine Ekstase der Agression oder einfach eine Flucht in den Nihilismus ist.
In der Literatur lauerten viele berühmte Suizidanten – z.B. Sphinx (Homer), Iokastes, Antigone (Sophokles), Phädra (Racine), Werther (Goethe), Emma Bovary (Flaubert), Anna Karenina (Tolstoi), Julie (Strindberg), Cécil (Fontane), Luzin (Nabokov) usw. Selbst Philosophen wie Kant (Vorlesungen über Moralphilosophie), Hegel (Grundlinien zur Philosophie des Rechts), Fichte (Untersuchung über die Moralität des Selbstmords), Schopenhauer (Über den Selbstmord) und Nietzsche (Vom freien Tode) widmeten sich dem Thema „Selbstmord“.
Abgesehen von der intensiven Beschäftigung mit der ausgewählten Literatur analysieren wir Abschiedsbriefe, Mani-feste, Dokumente, Artikel, Leichenschauscheine und Gefängnis-protokolle von Suizidanten und diskutieren über „den Fall Mishima“, „den Fall Hemingway“ und „den Fall Willhelm Jerusalem“. Um das Thema zu vertiefen, laden wir einen Theaterregisseur, Toxikologen, Rechtsmediziner, Psychologen und Soziologen (Selbstmordforscher) ein.
Es wird gelesen und referiert: Emil Durkheim: Le Suicide (Der Selbstmord); Ulrich Pauly: Seppuku – ritueller Selbstmord in Japan; Sophokles: Ödipus; Racine: Phädra; Goethe: Die Leiden des jungen Werther; Shakespeare: Romeo und Julia; Nietzsche: Also sprach Zarathustra; Georg Kaiser: Die Bürger von Calais; Ernest Hemingwas: Der Tod am Nachmittag; Marquerite Duras: Hiroshima mon amour und Moderato cantabile.