Werkstattmodul Formen der Lyrik
Es gibt einen langen Streit zwischen den Vertretern der so genannten freien Form und denen, die sich um das klassische Versmaß bemühen: Ersteren scheint das Schreiben nach Regeln ein zu enges Korsett, den letzteren die Formfrage jenseits des Traditionsbezugs gar nicht verhandelbar. Dabei gibt es jenseits dieser Verwerfungslinie eine vielleicht interessantere Betrachtungsweise des Gedichts: die des langen und die des kurzen Gedichts. Walter Höllerer z.B. hat mit Verve für das lange Gedicht plädiert. Eigentlich entscheidet beim Schreiben bereits der erste Satz und seine Begegnung mit dem folgenden zweiten darüber, ob der Text lang oder kurz wird, ob der Rhythmus des Textes sich in einem Bild auflösen oder in einer poetischen Erzählung entfalten wird. In diesem Werkstattseminar werden wir anhand der Texte der Teilnehmer eine Formerkundung von langen und kurzen Gedichten vornehmen, Traditionsbezüge – auch der freien Form – erkunden, und durch die gegenseitige Vorstellung von Schreibweisen einen Versuch unternehmen, diese für die eigene Arbeit am Gedicht zu nutzen.