Werkstatt Essayistik: Die Hunnen kommen, Saul! Literarischer Journalismus.
Literarischer Journalismus. Irgendwann in den 60er Jahren schreckte Tom Wolfe auf, als er im Esquire eine Reportage des New Yorker Journalisten Gay Talese las. Es war ein Porträt des alternden Boxers Joe Louis, aber es las sich wie eine Short Story. Mit dieser Beobachtung beginnt Wolfe seine Überlegungen zu einer Art literarischen Journalismus, den er new journalism nennt. Reporter fingen an zu erzählen. Sie benutzten literarische Techniken, um die Wirklichkeit zu beschreiben. Der Reporter selbst wurde stärker zum Gegenstand der beschriebene Welt. Wie sieht, schmeckt, hört und riecht er die Realität wurde zu einer entscheidenden Frage. Tom Wolfe prophezeite seinerzeit, dass Updike, Bellow und Philp Roth zitterten, weil die neuen Reporter den Romanschreibern den Rang abliefen. “Damn it all, Saul, the Huns have arrived”, rief er. Sie sind jetzt eine weile da, die Hunnen, und der Roman lebt immer noch. Tom Wolfe hat ihn selbst ausprobiert. Es bleibt die Frage, was der Reporter vom Erzähler lernen kann und was der Erzähler vom Reporter. Kann und darf man die Seiten wechseln und wenn ja: Gibt es ein Zurück? Im Seminar soll diskutiert werden, wo die Grenzlinien zwischen ficiton und nonficiton verlaufen, und wie man sich auf ihnen bewegen kann. Literatur: Tom Wolfe: The New Journalism, Fegefeuer der Eitelkeiten. Gay Talese: Frank Sinatra ist erkältet. Tom Kummer: Gibt es etwas stärkeres als Verführung, Mrs. Stone? ( Dazu zwei Texte von Alexander Osang über Tom Kummer. “Reporter des Satans”, Berliner Zeitung, “Der Hollywood-Reporter”, Der Spiegel) Matthias Matussek: Palasthotel. Erwin Koch: Vor der Tagesschau, an einem späten Sonntagmittag. David Foster Wallace: Am Beispiel des Hummers Chuck Klosterman: Eine zu 85 Prozent wahre Geschichte. Egon Erwin Kisch: Der Mühlenbrand. Sebastian Junger: Der Sturm