Julia Franck

Formen des Erzählens: Schule der Wahrnehmung

Plastisch-sinnliches Erzählen. Wann höre, sehe, spüre, schmecke, rieche und erfahre ich das Erzählte eines Textes? Tempo und Temperatur. Wie schaffe und öffne ich im Prosatext einen sinnlich erfahrbaren Raum? Wie knapp und ausführlich, wie nüchtern und ausschmückend ist die literarische Sprache, wenn sie eine Szene und einen Raum dem Leser unmittelbar erfahrbar macht? Inwiefern benötigt ein möglicher Dialog ergänzende Einführung und Ausführung im Text? Wir werden auch darüber sprechen, was an einem Text überflüssig und was notwendig ist, wann uns deskriptive Details oder eine explizite psychologische Wertung im Text stören. Im Seminar werden wir erörtern, wie viel Vorgabe und An-/Erregung vom jeweiligen Text ausgehen soll, jeweils notwendig erscheint, ehe sich der Leser bevormundet oder gar manipuliert fühlt. Gibt es das Gesagte, Gedachte, Gefühl, den berühmten Text „zwischen den Zeilen“? Wir sprechen auch darüber, wie sich Bild/Szene im Text zu den bereits vorhandenen und verknüpften, ausgelösten Bildern/Szenen im Kopf des Lesers verhalten. Die Texte der Studenten werden Gegenstand sein. Schöne ergänzende Lektüren zur Einstimmung wären: „Das große Heft“ von Agota Kristof, „1979“ von Christian Kracht, „Im Bauch des Wals“ von Paul Nizon, „Lenz“ von Georg Büchner, „Roman eines Schicksallosen“ von Imre Kertész, „Die Ausgewanderten“ von W.G. Sebald.

Prosa