Schreibweisen der Lyrik
„Ich ist ein Anderer“, wissen wir von Rimbaud. Aber was sagt uns dieser häufig zitierte Vers eigentlich? Wer ist Ich? Kann nur derjenige, der weiß, wer er ist, Gedichte schreiben? Oder verhält es sich nicht doch eher umgekehrt? Fakt ist: Entfliehen können wir im Leben unserem Ich nicht wirklich. Wir sind immer da, wo Ich ist. Aber ist Ich auch immer da, wo wir sind? Im Gedicht zum Beispiel? Darf ich im Gedicht das, was ich für mein eigentliches Ich halte, zu Wort kommen lassen? Oder setze ich ihm Masken auf? Kann man sich selbst verschweigen im Gedicht? Sollte man das nicht sogar? Ist über Herkunft, Identität und Liebe nicht schon alles geschrieben worden? Oder geht es beim autobiographischen Schreiben um etwas ganz anderes? Und worin besteht der Unterschied zwischen einem persönlichen und einem privaten Ton? Diesen Fragen wollen wir uns tapfer stellen. Im Mittelpunkt stehen die Gedichte der Studierenden. Flankierend befassen wir uns auch hier mit ausgewählten Beispielen aus der Tradition und der Gegenwartslyrik.