Vertiefungsmodul Formen der Prosa: Erzählperspektiven
Aus welcher Perspektive erzählen wir einen Text und seine Geschehnisse? Gehen wir davon aus, dass die objektive Wahrheit ausgedient hat und entscheiden uns dafür, dass Subjektivität und individuelle Empfindung wie auch Fiktion und Gestaltung tiefen Wahrheitsanspruch haben, so liegt es nahe, dass wir dem allwissenden Erzähler misstrauen. Betrachten wir im Workshop anhand der eigenen Texte, wie Phantasie und Wahrheitsanspruch Erzählperspektiven formen. Wer mutet einem einzelnen Erzähler allumfassende Weltsicht zu, wer nutzt unterschiedliche Perspektiven zur gegenseitigen Ergänzung, zum Widerspruch? So entsteht eine komplexe Erzählwelt, in der unterschiedliche Blickwinkel widersprüchlichen Interessen und Wahrnehmungen, Erfahrungen und Bedeutungen Geltung verschaffen. Neben den Arbeiten der Studierenden können folgende Texte eine Rolle spielen: „Dom Casmurro“ von Machado de Assis (der unzuverlässige auktoriale Erzähler), Franz Kafka „Die Verwandlung“ und „Der Prozess“ (personale Erzähler), „Sturmhöhe“ von Emily Bronte, der größtenteils von zwei Ich-Erzählern getragen wird, „Korrekturen“ von Jonathan Franzen (vier Ich-Erzähler), auch Agota Kristof „Das große Heft“.