Vertiefung Formen der Lyrik: „Wer bin Ich und wer bist Du?“ Personalpronomen in der Lyrik.
Ist Ich wirklich ein Anderer, wie Rimbaud meinte? „Ich bin immer ich“, hält ein frühes Gedicht von Ingeborg Bachmann dagegen. Aber was ist, wenn ein anderer es liest? Vorsicht scheint geboten. „Das Du ist so sehr und so wenig Ich, wie das Ich Ich ist“, liest man bei Gadamer über Gedichte von Paul Celan. „Ihr wisst nicht wer ich bin“, wehrt ein Vers von Stefan George ab, während die Einladung von T.S. Eliot ganz einfach klingt: „Let us go then, you and I…“ Personalpronomen spielen in der Lyrik eine unscheinbare, aber wichtige Rolle. Durch sie wird das Gesagte perspektiviert, ein Gespräch eröffnet, Mitteilung denkbar. Kaum denkbar, ein Liebesgedicht ohne Du zu schreiben. In der Gegenwartslyrik liest man neuerdings wieder ein Wir, das längere Zeit verpönt war. Daneben gibt es die Tendenz zu infiniten Formen, die eine Festlegung vermeiden und die Bezüge zu sprechenden und angeredeten Personen lose halten. Wer aber spricht dann noch im Gedicht – und zu wem? Über all diese Fragen wollen wir in dieser für alle Richtungen lyrischen Schreibens offenen Werkstatt nachdenken, und das möglichst genau anhand von Beispielen aus Gegenwart und Tradition, besonders aber anhand der eigenen Gedichte der Studierenden.