Werkstattmodul Prosa: Notiz und Notat
Notizen und Notate erleben nicht nur durch literarische Blogs eine Renaissance, vor allem durch Kurznachrichten und Tweets sind sie integraler Bestandteil unseres Schriftalltags. In welchem Verhältnis stehen sie zueinander – wann wird aus einer Notiz ein Notat? Worin besteht der Reiz der Minimierung, worin die Faszination so vieler Tagebücher und Journalbände? Einer der kürzesten Einträge in Ingeborg Bachmanns „Kriegstagebuch“ lautet: „Nein, mit den Erwachsenen kann man nicht mehr reden.“ Und John Cheever notierte in sein Tagebuch: „Ich träume, dass mein Gesicht auf einer Briefmarke erscheint.“ Notate sind oft kurz wie Aphorismen, erheben aber keinen Anspruch auf allgemeingültige Erkenntnis. Mit der Notiz verbindet sie ihr Skizzencharakter, und doch stellen sie die kürzeste Form literarischer Erzählstrategien dar, sind poetische Statements, die aufflammen wie Zündhölzer. Was sehen wir in ihrem Licht? Und was, wenn sie wieder erloschen sind? Welche Funktionen kommen Bild, Tempus und Syntax auf engstem Raum zu? Das Werkstattseminar legt vor dem Hintergrund von Textbeispielen das Augenmerk auf die vielfältigen Möglichkeiten zu erfinderischer Verknappung und Verdichtung.