Michael Lentz

Vertiefung Prosa

Gerade die kleine Prosa ist keineswegs eine marginale Randerscheinung, sondern hat entscheidend zur Ausdifferenzierung des Literaturbegriffs ab dem 18. Jahrhundert und vor allem im 20. Jahrhundert beigetragen. In der Frühen Moderne wird sie mit ihrer Unterwanderung tradierter Formen und Infragestellung gattungstypologischer Zuordnungen geradezu zum Paradigma ästhetischer Innovationsbestrebungen. Dieser Prozess, neue Schreibweisen und offene Texturen zu generieren, ist auch heute für kleine Prosaformen konstitutiv. Im Seminar sollen kurze Prosatexte, die in Arbeit befindlich sind, fertiggestellt und bei Bedarf bereits abgeschlossene kurze Prosatexte zur Diskussion gestellt werden. Die Texte sollten nicht länger als 20 Seiten sein. Hinsichtlich Thematik und Schreibweise gibt es keinerlei Beschränkungen. Spezifische Aufgabenstellungen sollen die Produktion anregen und zu eigenständigen Texten führen. Sofern die Zeit es zulässt, soll – in Auswahl – Kurzprosa mit Augenmerk auf ihre Erzählstrategien gelesen werden von: Samuel Beckett („Erzählungen und Texte um Nichts“, „Schluss jetzt“, „Bing“), Franz Kafka („Die Erzählungen“), Heinrich von Kleist („Anekdoten“, kurze Prosa), Brigitte Kronauer („Schnurrer: Geschichten“), Alice Munro („Ferne Verabredungen“), Helga M. Novak („Aufenthalt in einem irren Haus“), Gertrude Stein („Tender Buttons“), Robert Walser („Wenn Schwache sich für stark halten. Prosa aus der Berner Zeit 1921–1925“), Gabriele Wohmann („Treibjagd“) und/oder Ror Wolf („Enzyklopädie für unerschrockene Leser“).

Prosa