Wie viel Vögel
Gerstenberg (Jahrgang 1979) hat am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig studiert, aber das Debüt dieser auf die flüchtigen Zwischentöne abonnierten Frau liest sich ganz anders: Als sei da mänlich eine schon immer – auch mit, sagen wir, 5 1/2 und Pflaster auf dem Knie – durch und durch Autorin gewesen und habe sich diesen Umstand quasi im Nachhinein von einer akademischen Instanz entsprechend bestätigen lassen. Der vorliegende Erzählband versammelt faszinierend nervöse Geschichten um Twens, denen der Ost-, West- und widerborstige Alltag inklusive Personal zur Fieberkurve gerät. Wobei Temperatur hier nicht durch Hoffnung, sondern bloß vermittels cooler Unsicherheit gesenkt wird: Gerstenberg zeigt den Raureif unverbindlicher Realitäten. Ihre Themen (Beziehungselend, neue Liebe, familiäre Fallstricke, Freundschaft als Feuerprobe) sind konventionell, ihre formale Herangehensweise ist es nicht. Bisweilen verwirrt der Texteinstieg, ein andermal das brutale Ende: Keine Wohlfühltexte, aber breit einsetzbare Wahrheit. (Connie Haag)