Gewalten: Ein Tagebuch
Das literarische Tagebuch des Leipziger Autors reflektiert das verbindende Thema dieser Beobachtungen und Erfahrungen aus dem Jahre 2009 – “Gewalt” auf unterschiedlichen Stil- und Realitätsebenen. (Ronald Schneider), Nach einem viel beachteten Erzähldebüt (“Als wir träumten”, BA 6/06) und einem Erzählungsband (“Die Nacht, die Lichter”, BA 4/08) legte der Leipziger Autor – rechtzeitig zur Leipziger Buchmesse – ein Tagebuch für das Jahr 2009 vor, das 11 Kapitel bzw. Stationen umfasst. Es beginnt furios mit dem Zwangsaufenthalt des Tagebuch-Ichs in einer Psychiatrie (nach einer durchzechten Nacht), gefolgt u.a. von Gesprächen auf dem Leipziger Hauptbahnhof, die sehr rasch ins Surreale hinüberwechseln, einer Chronik aktueller Gewaltverbrechen oder von Szenen am Rande einer Galopprennbahn. Der Leser wird allerdings seine Schwierigkeiten haben, sich bei der endlosen Kette aus Beobachtungen, Erzählfragmenten und assoziativen Abschweifungen, dem verwirrenden Wechsel der Realitätsebenen und der Schauplätze im Text zu orientieren. Und insgesamt bleibt angesichts der auch sprachlichen Heterogenität dieses 3. Buches von Clemens Meyer ein zwiespältiger Eindruck. Das auch in den Feuilletons zurückhaltend vorgestellte literarische Tagebuch sollte zumindest in größeren Bibliotheken zur Diskussion gestellt werden. (Ronald Schneider)