Vor dem Fest
Es ist die Nacht vor dem Fest im uckermärkischen Fürstenfelde. Das Dorf schläft. Bis auf den Fährmann – der ist tot. Und Frau Kranz, die nachtblinde Malerin, die ihr Dorf zum ersten Mal bei Nacht festhalten will. Ein Glöckner und sein Lehrling wollen die Glocken läuten, das Problem ist bloß: die Glocken sind weg. Eine Füchsin sucht nach Eiern für ihre Jungen, und Herr Schramm, ein ehemaliger Oberst der NVA, kann sich nicht entscheiden, ob er Zigaretten holen soll oder sich in den Kopf schießen. Alle haben sie eine Mission. Alle wollen sie etwas zu Ende bringen, bevor die Nacht vorüber ist. Keiner von ihnen will den Einbruch ins Haus der Heimat beobachtet haben. Das Dorfarchiv steht aber offen. Doch nicht das, was gestohlen wurde, sondern das, was entkommen ist, quält die Schlaflosen. Die Nacht gebiert Ungeheuer: Alte Geschichten und Erinnerungen, Mythen und Märchen, sind ausgebrochen und ziehen mit den Menschen um die Häuser. „Ein Dorf in der Uckermark, voller Gegenwart, voller Legenden. In Vor dem Fest erzählt dieses Dorf sich selbst – ein Roman als furioser Chorgesang in Prosa“ (Jurybegründung. Preis der Leipziger Buchmesse 2014 in der Kategorie Belletristik), Pest und Krieg, Seuche und Hungersnot, Leben und Sterben haben die Menschen in der Uckermark, und um genau zu sein,in Fürstenfelde überlebt, also werden sie sich von der Gegenwart nicht unterkriegen lassen. Dabei haben sie nach der Wende nicht gerade das große Los gezogen. Viele sind weggegangen, geblieben sind die Alten, Schrulligen, der Glöckner, der kaum noch auf den Glockenturm steigen kann, die nachtblinde Malerin und nun ist auch noch der Fährmann tot. Für die Jugend bieten sich wenig Perspektiven. Die Tankstelle hat zugemacht, man trifft sich bei Ulli in der Garage und bleibt “unter sich”. (Cornelia Jetter)