Das Theater des Krieges
Im Sommer 2015 besuchten der Schriftsteller Roman Ehrlich und der Fotograf Michael Disqué das Lager Camp Marmal der Bundeswehr in Masar-e Sharif in Afghanistan. Ihr Ziel war es, das Leben der Soldaten im Camp zu porträtieren, ohne auf die üblichen Narrative der journalistischen Reportage zurückzugreifen. Im Zentrum ihre Buches stehen die Strukturen, die sich die Soldaten geschaffen haben und die Wechselwirkung zwischen Camparchitektur und- bewohnern, die extreme Künstlichkeit des Lebensraumes und der trotz militärischer Organisation sich an allen Orten ausbreitende zivile Aspekt des Lebens. Abgeleitet von dem Begriff Theatre of War, dem Schlachtfeld, steht das Theater des Krieges für alle Aspekte der Inszenierung, die den Krieg bedingen – hier zuvorderst in ihrer banalsten Form des Alltags der Angestellten des Krieges in ihren Büros, Werkstätten und Unterkünften, in den Versorgungseinrichtungen und der Truppenküche, beim Warten und Nachdenken. „In ihrem Band “Das Theater des Krieges” über den Alltag im Bundeswehrcamp Marmal im afghanischen Masar-i-Scharif zeigen der Fotograf Michael Disqué und der Schriftsteller Roman Ehrlich vor allem das, was gemeinhin nicht als Kriegsgeschehen verstanden wird und dennoch im Mittelpunkt der Realität eines Einsatzes steht, nämlich die Sicherung und Organisation der Truppe… Michael Disqué und Roman Ehrlich verschließen sich diesen Schreckensbildern des Krieges mit voller Absicht. Früher, so lernt man nur beiläufig über das laut der deutschen Bundesregierung “sichere Herkunftsland” Afghanistan, konnten afghanische Ortskräfte die Camp-Bewohner noch bei Ausfahrten nach Masar-i-Scharif begleiten. Heute sei das viel zu gefährlich für ihn und seine Familie, so beteuert ein Dolmetscher. Der ebenso gegenwärtigen wie unberechenbaren Bedrohung begegnen die Autoren in Texten und Bildern mit einem feinen Ton der Ironie, mit dem übrigens auch die Soldaten ihren zumeist gleichförmigen Alltag in Afghanistan bewältigen“ (SZ)