Lyrik
“Handwerkliches – ich glaube daran als Bewährungsprobe für die Aufrichtigkeit eines Menschen; an Regeln, wenn diese ermittelbar sind; an das Umstoßen jeder Konvention, die sich der Ermittlung von Regeln oder der präzisen Umsetzung der Eingebung entgegenstellt.”
(Ezra Pound)
“Handwerk – das ist Sache der Hände. Und dies Hände wiederum gehören nur einem Menschen (…) Nur wahre Hände schreiben wahre Gedichte.” (Paul Celan)
In diesem Werkstattseminar soll das Handwerk weder über- noch unterschätzt werden. Es gibt – das wäre seine Voraussetzung Versuche, Übungen, Diskussionen über Techniken des Gedichts, bei denen es weder um lernbare Tricks, noch um den baren Glauben an die Inspiration geht. Wenn man etwas lernen kann, dann am ehesten von Dichtern selbst; von ihrer Praxis, aber auch von ihren poetologischen Hinweisen. So etwa von Ezra Pound, dessen nüchterne Unterscheidung von Phanopoeia, Melopoeia und Logopoeia – also von der Arbeit mit Bildern, Wort-Musik und Wort-Spiel – elementare Möglichkeiten des Schreibens von Lyrik aufzeigt. Oder von Majakowski, der den Nutzen poetischer Vorfabrikate betont.
Beim Schreibtraining dieses Seminars könnte die Arbeit am freien bzw. geregelten Vers eine Hauptrolle spielen. Tradierte Versmaße und Formen (also Blankvers, Distichon, Sonett usw.) könnten vor allem soweit ins Spiel kommen, als sie von Dichtern dieses Jahrhunderts benutzt wurden und werden – also der Blankvers bei Benn und Brecht, das Distichon bei Volker Braun und Hermann Burger, das Sonett bei Rilke oder Rainer Kirsch usw. An sogenannten freien
Versen wäre der Grad der Freiheit d.h. die Dialektik von Freiheit und Gesetzlichkeit zu ermitteln.
Alle Beschäftigung mit vorgegebenen Texten sollte in die eigene Produktion der Teilnehmer übergehen – d.h. in das Schreiben von lyrischen Texten, die sich entweder als Antwort auf vorgegebene Möglichkeiten oder als freie Entwürfe neben oder gegen gegebene Muster verstehen. Kurzreferate könnten und sollten diese Produktion begleiten.
Zu Beginn des Seminars möchte ich einiges an Diskussions- und Spielmaterial vorstellen, das weniger die Basis des Seminars als eher den Anstoß zu weiterer Arbeit geben sollte.
Zur Vorbereitung empfehle ich: Ezra Pound, Motz el son – Wort und Weise. Zürich: Arche 1957 (auch Suhrkamp BS)