„Als wärs ein Stück von mir - Strategien autobiographischen Schreibens"
Selbstentblößung oder Verheimlichung? „Literatur ist immer autobiographisch – oder sie ist kein“, meinte Alfred Andersch. „in meiner sprache sprech ich immer/ mit einem der ich heißt”, heißt es in Wolfgang Hilbigs Gedicht „verse um an frühere zu erinnern”. Als müsse sich der Schreibende stets eines Ichs vergewissern, das nie jetzt und hier da ist: Ein Ich als Prozess.
Ein mediales Ich des Schreibenden, in Korrespondenz mit einem nie in den Text einzuholenden, fremden, auch vorgeschriebenen Lebens-Ich?
Ein Text, der „ich“ sagt, kann dies so unmissverständlich, so unabdingbar tun, dass etwaige Rückschlüsse auf den Autor, die Autorin immer wieder hinterfragt werden müssen. Welche Transformation(en) erlebt ein „Ich” in einem autobiographischen Text? Welche Notwendigkeit signalisiert der Text, „ich” zu sagen? Ist ein autobiographischer Text immer an konkrete Lebenssituationen gebunden, die in den Text auch Eingang finden? Welche Strategien der Literarisierung weist ein autobiographischer Text auf? Gibt es das autobiographische Gedicht?
Diesen und anderen Fragen soll im Seminar nachgegangen werden. Prosastücke (Erzählungen, Tagebuch, Notizen etc.) sind ebenso willkommen wie Gedichte jedweder Ausformung. Ein Gedichtreader wird zu Anfang des Semesters als Kopiervorlage ausliegen. Neben eigenen Arbeiten sollen auch ausgewählte, mehr oder weniger einschlägige autobiographische Bücher Gegenstand des Seminars sein.
Lektüre:
Boris Becker: Augenblick verweile doch
Thomas Bernhard: Die Ursache
Dieter Bohlen: Nichts als die Wahrheit
Wilhelm Genazino: Das Licht brennt ein Loch in den Tag
Peter Härtling: Nachgetragene Liebe
Peter Härtling: Zwettl. Nachprüfung einer Erinnerung
Friederike Mayröcker: brütt oder Die seufzenden Gärten
Gertrude Stein: Die Autobiographie von Alice B. Toklas
Gertrude Stein: Jedermanns Autobiographie